Gesetze zur Stärkung der Transparenz in politischen Entscheidungsprozessen

Entwurf vom 27. Mai 2021
Eingebracht durch Mehrere Initiatoren
Federführender Ausschuss Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz
Die Diskussion ist seit dem 18.06.2021 abgeschlossen
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Zurzeit befinden sich die Gesetzentwürfe der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 7/3356) sowie der Fraktion der CDU (Drucksache 7/3387) in der parlamentarischen Diskussion. Nachfolgend können Sie Ihre Meinung zu den beiden Gesetzentwürfen abgeben, mit denen sich der Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz derzeit befasst. Mit Ihren Beiträgen, Ihren Erläuterungen oder Ihrer Kritik können Sie Einfluss auf die Arbeit des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz nehmen.

Diskutieren Sie mit!

Die von Sachverständigen, Interessensvertretern und anderen Auskunftspersonen im Rahmen eines Anhörungsverfahrens eingereichten Stellungnahmen können mit deren Zustimmung hier in der Beteiligtentransparenzdokumentation eingesehen werden.

I. Information zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 19.05.2021 in Drucksache 7/3356 und zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU vom 27.05.2021 in Drucksache 7/3387

1. Mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Thüringer Gesetz zur Herstellung von mehr Transparenz in der Politik soll das Thüringer Gesetz über die Errichtung einer Beteiligtentransparenzdokumentation beim Landtag – Thüringer Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetz – (ThürBeteildokG) ergänzt werden. Neben der bestehenden Beteiligtentransparenzdokumentation, die sich auf die Gesetzgebungstätigkeit beschränkt, sollen Regelungen für ein sog. „Lobbyregister“ bezogen auf Parlament und Regierung geschaffen werden. Dieses soll künftig unabhängig von der Gesetzgebungstätigkeit öffentlich nachvollziehbar aufschlüsseln, wer in welcher Form an den Inhalten von Initiativen beteiligt war bzw. welche Interessenvertretungen mit welchen Themen an bestimmte Stellen und Personen herangetreten sind, um sie in den politischen Prozess einzubeziehen. Mit dem geplanten Gesetz soll bezogen auf die parlamentarischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse umfassende Transparenz und Nachvollziehbarkeit geschaffen werden. Die Registrierung im Lobbyregister soll verpflichtend und deren Einhaltung durch Ordnungsregelungen mit Sanktionscharakter garantiert werden. Die Anwendung der Vorschriften soll durch ein ehrenamtlich beratendes, vom Landtag gewähltes Gremium in Zusammenarbeit mit der Landtagspräsidentin bzw. dem Landtagspräsidenten überwacht werden. Zudem soll das Thüringer Abgeordnetengesetz (ThürAbgG) nachgeschärft und eine verpflichtende Offenlegung aller Tätigkeiten von Abgeordneten und ihrer Einkünfte festgeschrieben werden.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Vorblatt zum Gesetzentwurf sowie auf die Begründung der einzelnen Regelungen in der Drucksache 7/3356 verwiesen.

Der Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde am 03.06.2021 im Plenum des Thüringer Landtags erstmals beraten und federführend an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen.

2. Auch mit dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU für ein Thüringer Gesetz zur Stärkung der parlamentarischen Demokratie durch maximale Transparenz soll durch die Einführung eines verpflichtenden Transparenzregisters (Lobbyregisters) der Prozess der Beteiligung, der Auswahl und des Abwägens im Vorfeld der politischen Entscheidungsprozesse maximal transparent gemacht werden. Hierfür sollen die bestehenden Regelungen des
ThürBeteildokG dahingehend erweitert und präzisiert werden, dass die Einflussnahme von Regierung, Parlament sowie von Organisationen, Einrichtungen, Sachverständigen, Interessenvertretungen und anderen Akteuren auf sämtliche Entscheidungsprozesse künftig umfassend offenzulegen und im Falle von Verstößen auch zu sanktionieren ist. Zudem soll u. a. festgeschrieben werden, wer als Interessensvertretung gilt und welche Regeln und Grundsätze dafür einzuhalten sind. Das Lobbyregister soll im Verantwortungsbereich des Landtagsvorstands angesiedelt werden. Daneben ist ebenfalls beabsichtigt, eine Konkretisierung und Ergänzung im ThürAbgG vorzunehmen und die Transparenzpflicht für die Mitglieder des Landtags zu erhöhen, um künftig die Möglichkeiten von Korruption und unlauterer Einflussnahme zu verhindern. So soll für die Mitglieder des Landtags beispielsweise ein gesetzliches Verbot der mandatsbezogenen entgeltlichen Interessenvertretung für einen Dritten gegenüber dem Landtag oder der Landesregierung eingeführt werden.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Vorblatt zum Gesetzentwurf sowie auf die Begründung der einzelnen Regelungen in der Drucksache 7/3387 verwiesen.

Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU wurde am 03.06.2021 im Plenum des Thüringer Landtags erstmals beraten und federführend an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen.

Fragenkatalog

Welche Auffassung vertreten Sie zu den Gesetzentwürfen

1. der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 7/3356 sowie

2. der Fraktion der CDU in Drucksache 7/3387?

Haben Sie Anmerkungen zu einzelnen Bestimmungen?

 

Der Ausschuss bittet Sie zudem, in Ihrem Beitrag auf die folgenden Fragen der Ausschussmitglieder einzugehen [Hinweis: Bitte geben Sie jeweils in Ihren Kommentaren an, auf welchen Gesetzentwurf und/oder auf welche Frage Sie sich beziehen.]:

 

Fragen der Fraktionen DIE LINKE, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

a) Inwiefern würde die Aufnahme weiterer Kriterien (z.B. bestimmte notwendige Mindestanzahl von Lobbykontakten in einem bestimmten Zeitraum; Festlegung, dass Kontaktaufnahmen zur Interessenvertretung auch für Dritte und ohne Eigeninteresse erfolgen können), die Reichweite und die Aussagekraft der Registrierungsregelung beeinflussen im Vergleich zur im Gesetzentwurf gewählten Registrierungsvorschrift?

b) Ist es rechtlich geboten und sinnvoll, eine Eintragung im Lobbyregister zugleich zur (allgemeinen) Bedingung für eine Teilnahme an Anhörungen im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren zu machen?

c) Inwiefern gibt es ggf. zusätzlich zu den im Gesetzentwurf erfassten verfassungsrechtlich notwendigen Ausnahmen von der Registrierungspflicht noch weitere verfassungsrechtlich zwingend gebotenen Ausnahmen? Wie kann verhindert werden, dass diese schon geregelten bzw. noch zu regelnden Ausnahmen zur Umgehung der Registrierungspflicht und damit zur Aushöhlung des Gesetzeszwecks missbraucht werden bzw. führen?

d) Welche Registrierungsinhalte sind zwingend erforderlich, um eine wirksame und aussagekräftige öffentliche Darstellung der Interessenvertretung zu ermöglichen?

e) Nach welchen Gesichtspunkten sollte sich ein Ordnungsgeld bestimmen, damit große aber auch kleine Interessenvertretungen gleich belastet werden und welche Höhe sollte dieses mindestens/maximal haben?

f) Bestehen hinsichtlich eines kompletten Spendenverbots gegenüber Abgeordneten verfassungsrechtliche Bedenken?

 

Fragen der Fraktion der FDP:

g) Ist es notwendig jede Interessenvertretung, insbesondere die von Privatpersonen, allen Auskunftspflichten zu unterwerfen?

h) Welche negativen Auswirkungen auf die parlamentarische Arbeit können sich durch die konkreten Auskunftspflichten, insbesondere den Zeitpunkt der Auskunftspflicht ergeben?

i) Wären, um der Intention der jeweiligen Auskunftspflichten zu genügen, auch andere Zeitpunkte der Auskunftserteilung sinnvoll?

 

Fragen der Fraktion der CDU:

j) Bedarf es auch nach Ihrer Auffassung einer Verschärfung der bestehenden Transparenzbestimmungen in Thüringen? Falls ja, welche konkreten Bereiche und Schwerpunkte sollten durch eine Änderung erfasst werden?

k) Welcher der vorgelegten Gesetzentwürfe enthält die weitergehenden Regelungen zur Durchsetzung einer maximalen Transparenz und warum?

l) Wo soll laut den vorliegenden Gesetzentwürfen der jeweilige inhaltliche Beitrag von Interessenvertretung zu parlamentarischen Initiativen und Entschlüssen dokumentiert werden, die nicht nur den Bereich der Gesetzgebung betreffen, sondern auch andere Beschlüsse und Entscheidungen des Parlaments?

m) Welcher Entwurf ist im Sinne der Praktikabilität bzw. Umsetzbarkeit der vorgeschlagenen Regelungen zu empfehlen und warum?

n) Wie sind beide Entwürfe im Vergleich zu den Regelungen in anderen Bundesländern sowie im Deutschen Bundestag zu bewerten?

 

Fragen der Fraktion der AfD:

o) Sind Ihrer Auffassung nach beide Gesetzentwürfe verfassungskonform und entsprechen die Gesetzentwürfe den geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften?

p) Kann das Thüringer Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetz (jeweiliger Artikel 1 der Gesetzentwürfe) auch auf die der Aufsicht des Landes unterfallenden kommunalen Gebiets- und Personenkörperschaften mit vergleichbaren Regelungen ausgedehnt werden? Wenn ja, wie?

q) Die Formulierung in § 42 h Abs.4 Satz 2 in Artikel 2 des Gesetzentwurfes in Drucksache 7/3356, wonach sich die Höhe des Ordnungsgeldes „nach der Schwere des Einzelfalles und nach dem Grad des Verschuldens bemisst", dürfte sich als zu unbestimmt erweisen. Ferner fehlen Regelungen darüber, ob das Ordnungsgeld durch Verwaltungsakt festgesetzt wird und wer diesen dann erlässt. Wäre das Verfahren zur Festsetzung der Höhe des Ordnungsgeldes nach § 42 h des Thüringer Abgeordnetengesetzes nicht näher zu regeln?

r) Beide Gesetzentwürfe lassen das Innehaben von Optionen auf den Erwerb von Unternehmensanteilen, insbesondere von Aktienoptionen oder anderen Vermögenswerten völlig unberücksichtigt, obwohl solche auch Einkommen gleichstehen. Ist eine Regelung hierzu in die Gesetzentwürfe aufzunehmen? Wenn nein, warum nicht?

s) Sollte nicht auch der Thüringer Rechnungshof in das Prüfverfahren nach § 42 des Thüringer Abgeordnetengesetzes nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit einbezogen werden?