a) Wie beurteilen Sie die Erweiterung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger auf bereits vom Parlament beschlossene Gesetze?

Gesetze zur Einführung von fakultativen Referenden

Entwurf vom 16. Juni 2016
Eingebracht durch CDU-Fraktion
Federführender Ausschuss Innen- und Kommunalausschuss
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Die Diskussion ist seit dem 05.01.2017 archiviert

Zurzeit befinden sich die Gesetzentwürfe der Fraktion der CDU zum Fünften Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Drucksache 6/2283) vom 15. Juni 2016 und zum Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das Verfahren bei Bürgerantrag, Volksbegehren und Volksentscheid (Drucksache 6/2541) vom 19. August 2016 (Gesetze zur Einführung von fakultativen Referenden) in der parlamentarischen Diskussion. Nachfolgend finden Sie die Fragen, mit denen sich der Innen- und Kommunalausschuss derzeit befasst. Sie können Ihre Meinung zu den Fragen abgeben. Mit Ihren Beiträgen, Ihren Erläuterungen oder Ihrer Kritik können Sie Einfluss auf die Arbeit des Innen- und Kommunalausschusses nehmen.

Diskutieren Sie mit!

a) Wie beurteilen Sie die Erweiterung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger auf bereits vom Parlament beschlossene Gesetze?

19. Dezember 2016 | Karolin Schulz
Rückkopplung zwischen Wählern und Gewählten

Das fakultative Referendum bietet wie alle Verfahren der direkten Demokratie die Möglichkeit der Rückkopplung zwischen Wählern und Gewählten. Die Bürger können ein Gesetz "abwählen", statt bei der nächsten Wahl eine Partei oder Person abzustrafen. Nicht jedes politische Ziel findet sich schon im Wahlprogramm, oft müssen Parteien und Parlamente auf aktuelle Herausforderungen reagieren. Zwischen den Wahlen dem Bürger (dem Souverän, der seine Stimme ja an den Volksvertreter nur abgegeben hat) verpflichtet zu bleiben, diese Eigenschaft der direkten Demokratie sollten Parlamentarier nicht fürchten, sondern schätzen.

Wie oft kommt solche eine Abstimmung "gegen den Gesetzgeber" vor? In der Schweiz, wo der aktuelle Vorschlag ja sein Vorbild hat, wird gegen lediglich 7 Prozent aller parlamentarisch verabschiedeten Gesetze das fakultative Referendum ergriffen. Seit der Einführung des fakultativen Referendums 1875 kamen rund 15 Prozent nicht zustande (zu wenig Unterschriften) und rund die Hälfte wurde in der Volksabstimmung angenommen. Insgesamt sind es also 3 Prozent der Gesetze, die per Bürgerwillen "gestoppt" werden.

Entscheiden die Bürger im Volksentscheid für die Gesetzesvorlage (und damit gegen die Initatoren des Referendums) ist dies doch ein Bestärkung für den parlamentarischen Gesetzgeber. Er hat die Mehrheit der Bürger hinter sich - ganz objektiv und nicht als vermutetete Zustimmung. Das Parlament hat einen überzeugenden Vorschlag unterbreitet, der diskutiert und für gut befunden wurde. Mehr demokratische Rückendeckung für politische Ziele kann es kaum geben.

01. Dezember 2016 | heinz1959
Verbesserung der Kommunikation

Die Skeptiker haben sich wohl nicht die Mühe gemacht sich mal anzuschauen wie es in der Realität funktioniert. Natürlich muss man dafür in die Schweiz schauen. Da ich die Schweiz sehr gut kenne, meine Mutter ist gebürtige Schweizerin, muss ich dem Autor von Kommentar a zustimmen.
In der Tat arbeiten die Parlamentarier in der Schweiz sorgfältiger in der Vorbereitung von Parlamentsgesetzen. Sie machen in der Regel Gesetze, die weniger von Lobbyisten geprägt sind, wie es häufig in Deutschland der Fall ist. Man prüft ob ein Gesetz "Volksabstimmungsfähig" ist. Wird ein Gesetz für die Mehrheit der Bürger gemacht und nicht für wenige Privilegierte, dann kommt es zu keinem Referendum. Kommt ein Gesetz das gegen die Interessen der Mehrheit der Bürger gemacht wurde - kommt ein Referendum zu Recht. Wie sagt man doch in Deutschland:
"Wer bestellt bezahlt" oder besser "Wer bezahlt bestellt und bestimmt!" Meist machen die Politiker Mist und der Bürger bezahlt. Die Politiker bekommen sogar noch eine "Versagerprämie" wenn sie Mist machen - nach dem Rücktritt kommt die Abfindung und die unverschämte Pension. Es ist an der Zeit, dass die Bürger das letzte Wort haben. Aus gleichenm Grund darf es keinen "Finanzvorbehalt" geben.

26. November 2016 | Peter Häusler
Das Fakultative Referendum erzwingt den Dialog Parlament-Bürge

Das Fakultative Referendum führt automatisch dazu, dass Parlamentarier von Instrumenten des Bürgerdialoges Gebrauch machen, die sie bislang kaum kannten. Sie werden dadurch Gesetze im Vorfeld sorgfältiger beraten und sich während des Bürgerdialoges den Respekt vieler Wähler erwerben. Das wird den Landtag nicht schwächen, sondern stärken.

18. November 2016 | Nutzername
50 000 können den parlamentarischen Gesetzgeber lahmlegen

Ja,auch wenn man die vom Thüringer Verfassungsgerichtshof in die Verfassung hinein gelesene Prävalenz des parlamentarischen Gesetzgebers, die der Ewigkeitsgarantie unterliegen soll, nicht teilt, sollte man auch nicht im Gegenteil jetzt potentiell jedes Parlamentsgesetz von 50000 Bürgern zumindest zeitweise, aber jedenfalls länger als die 100 Tage, nämlich mindestens bis zum viel späteren Volksentscheid, ausbremsen können. Damit kann eine kleine Minderheit von 50.000 die parlamentarische Gesetzgebung lahmlegen-in allen von ihr für wichtig gehaltenen Fällen!